Urlaub auf Korfu

Von Korfu nach Kavos

19.08. - 25.08.

Zusammenfassung der Ereignisse von Hanna Weidner

Der Schweiß rinnt in sturzbach – ähnlichen Strömen aus bisher ungeahnten Körperöffnungen Richtung Süden. Und auch wir steigen, ächzen, kämpfen uns zur Südspitze der Grünen Insel Griechenlands vor. Dass die Beschreibung unseres Urlaubs so dramatisch klingt, mag sehr wohl an Jakobs und meiner sonnenentwöhnten zentraleuropäischen Konstitution liegen, aber sicherlich auch an den Herausforderungen, vor die uns diese Woche stellt. Aber beginnen wir ganz von vorn:

Korfu, die Hauptstadt der gleichnamigen Insel, empfängt uns am Samstag Abend, den 19.08., mit einer Wand aus Wärme und bietet Schutz in einer, milde ausgedrückt, opulenten Unterkunft. „Wie könnt ihr euch das denn leisten?!“, wundern sich die Geschwister, während die Klimaanlage auf 20 Grad Celsius eingestellt uns die beschwerliche Aufgabe der Temperaturregulation freundlicherweise abnimmt. Nicht ohne Überraschung beginnen wir also die Woche, denn wir hatten uns die Lebensweise unserer Eltern auf ihrer Reise dann doch etwas … spartanischer vorgestellt. In den anderthalb Tagen, die wir im durch Touristengelder finanzierten Prunk der Stadt verbringen, bekommen wir eine vage Ahnung davon, dass Mensch sich hier am sichersten zwischen 07 – 11 Uhr und dann wieder ab 19 Uhr bewegt, wenn er keinen Hitzeschlag riskieren möchte, dass die Reise doch teurer ist als aus der Ferne vorgestellt und die schönen Ecken und Erlebnisse weit außerhalb der Menschenmassen liegen. Außerdem wird das Ionische Meer unser neuer Freund, bietet es Erfrischung und die gegenüberliegende Balkanküste Orientierungspunkt.

Am 21.08. endet unser Welpenschutz, jetzt wird richtig losgewandert! Zwischen Jakob und mir herrscht vorerst eisiges Schweigen (das auch nicht wirklich Abkühlung bietet), denn wir haben es bereits geschafft, in den ersten 48h einen Streit vom Zaun zu brechen. Doch meine Euphorie, mich mit eigenen Füßen durch das Land zu bewegen, trübt dies nicht. Abwechslungsreich ist die erste Etappe: Über dicht befahrene Landstraßen, im Schutz der Olivenbäume, entlang kleinerer Schleichwege, Treppen hoch, Berge runter geht es insgesamt 13km nach Benitses, unserem ersten Zwischenstopp. Nicht unweit davon finden wir Unterkunft in einer kleinen, aber feinen Ferienwohnung am Berg, umgeben von Häusern mit dem Namen „Villa BellMar“, „Villa Artemis“, „Villa Grecia“. Ich merke, der Arm des Tourismus greift hier sichtbar überall um sich, auch wenn wir uns weit außerhalb der Massen bewegen. Eine mir nicht ganz unangenehme Arroganz überfällt mich langsam aber sicher – wir sind nicht DIESE Art von Touristen in DIESEN Villen, wir machen noch so „richtigen“ Urlaub. Aber ich bin auch zu erschöpft und müde vom Wandern in der Hitze, um mich aufzuspielen und behalte deshalb meine Überheblichkeit vorerst für mich. Jakob hingegen fällt es bedeutend leichter als mir, sich einzugestehen, wie sehr uns diese erste Etappe geschlaucht hat und zieht sich für diesen und den kommenden Tag in das zuverlässig durch eine Klimaanlage gekühlte Zimmer zurück.

Nach einer weiteren zweitägigen Pause setzen wir unsere Reise am 23.08. zu Fuß in Richtung Messonghi fort. Alle? Nein, ein Passagier namens Jakob entscheidet sich für den schnelleren Weg, schläft aus und überbrückt die 14km mit dem Green Bus, der die ganze Insel von Norden nach Süden durchfährt, innerhalb einer halben Stunde. Hanna wiederum hat aufgrund einer schlaflosen Nacht den Tag mit einem Kaffee begonnen (dem sie eigentlich seit anderthalb Jahren entsagt) und quasselt daraufhin Robert und Martina die ganze Wanderung über zu, stopft ihre Taschen mit Fundsachen voll und lässt sich von Robert über die Funktionsweise von Panzern behelligen. In Messonghi laufen die bisher getrennten Wege der beiden Reisegruppen wieder am Strand zusammen. Hier verdient nur derjenige eine Liege, der diese vorher gebucht hat. Aber wer hätte das gedacht, auch auf dem Boden lässt es sich unter einem Baum vorzüglich aushalten! Langsam wandelt sich die gegenüberliegende Küste in ihrem Erscheinungsbild und auch die Südspitze Korfus wird sichtbar. Nach einer kurzen Pause erklimmen wir unsere dritte Unterkunft, die uns dieses Mal einen Pool mit Meerblick bietet. Aber auch den ersten und einzigen größeren Konflikt dieser Reise (die gelegentlichen Reibereien zwischen Jakob und mir sind seit 18 Jahren so normalisiert, dass darauf keiner mehr großes Augenmerk legt). Denn schnell wird auf dieser Reise klar – sie fordert uns. Wer mehrere Tage auf engem Raum miteinander verbringt, muss sich irgendwann einmal ausstrecken und räkeln. Dass dabei Ellenbogen in Rippen gestoßen werden, ob mit Absicht oder nicht, passiert nun einmal. Verhandlungen darüber, wie jedem in diesem engen Familiennetz genügend Platz für seine eigenen Bedürfnisse gegeben werden kann, ist die große Kunst. Tränen fließen, es wird ver-/geflucht, sich zurückgezogen, klein gemacht, explodiert und am Ende zueinander gefunden. Und ich muss Martina und Robert auch zugestehen, dass sie es mit zwei jungen Menschen zu tun haben, die sich gerade in ihrem Selbstfindungsprozess befinden, dabei Gelerntes hinterfragen und gegebenenfalls auch ablehnen. Dass dies unter Umständen in Form von Vorwürfen geschieht, kann auch an die elterliche Substanz gehen, die doch eigentlich nur alles richtig machen wollen. Der Abend endet also in gedrückter Stimmung, nur unterbrochen von Roberts Magengrummeln, denn der verträgt irgendetwas (Essen? Wasser? Streit?) anscheinend nicht so gut.

Am 24.08. rückt das Ziel, der Ort Kavos an der Südspitze Korfus, immer mehr in Sicht. Da uns die Zeit jedoch langsam davonläuft, entscheiden wir uns für eine hybride Lösung: Wir laufen 6km bis zur nächstgelegenen Green Bus – Station und lassen uns die restliche Strecke klimatisiert bis zum Ziel transportieren. Vom Streit des Vorabends ist nur noch ein vorsichtigerer Umgang miteinander zu spüren, der sich aber bald wieder in Neckereien und das normale Gezänk zwischen Jakob und mir auflöst. Kavos selbst präsentiert sich uns als abgehalfterte, halb verlassene und irgendwie trotzdem aus allen Nähten von Touristen platzende Ortschaft, die nur noch von All – Inclusive Unterkünften und von der Saison müden Griechen zusammengehalten wird. Hier finden wir Unterschlupf in einem solchen Hotel an der Südküste, das in den 90er Jahren sicherlich seinen Glanzzeit hatte und seitdem um sein Überleben kämpft. Trotzdem machen wir es uns gemütlich, verbringen den Tag am Pool, spielen Billard und Tischtennis und gehen abends gemeinsam essen. Eine Abwechslung zu den sonst selbstgekochten Speisen, aber auch ungewohnt, weil es so aus dem Rahmen unserer bisherigen Reiseart fällt. So schnell habe ich mich an Weißbrot mit Hummus zum Frühstück, Erfrischungsgetränke, Pfirsiche und griechischen Salat gewöhnt. Aber so wird es immerhin nicht langweilig innerhalb dieser Woche! Kein Tag hat bisher dem anderen geglichen.

Heute Nachmittag werden Jakob und ich in einen Green Bus einsteigen, der uns innerhalb von anderthalb Stunden nach Korfu Stadt transportieren wird, um dort die Nacht zu verbringen, da unser Flug zurück in die Heimat schon früh abhebt. Sicherlich werden Tränen fließen, ob nun beim Abschied oder nachträglich. Aber zumindest bei mir wird es sich um Freudentränen handeln. Gefreut habe ich mich, Teil dieser Reise sein zu dürfen, und freuen werde ich mich, die beiden am Ziel ihrer Reise zu Weihnachten in Pyrgos zu besuchen.

Drei weitere Dinge habe ich zusätzlich auf dieser Reise gelernt, die an keiner Stelle so richtig Eingang in den Bericht gefunden haben, aber die ich unbedingt zum Abschluss noch loswerden möchte:

1. Ich habe nicht so viele Taschen und Platz in meinem Rucksack wie ich kleine Kätzchen gerne mitnehmen wollen würde.

2. Wasser einfach aus dem Wasserhahn trinken zu können, ist ein deutsches Privileg, das besonders dann vermisst wird, wenn 4l Wasser über mehrere hundert Höhenmeter transportiert werden müssen.

3. Ich hoffe, mein Reflex, das Toilettenpapier nach Benutzung in die Toilette zu werfen, hat nicht nachträglich die Leitungen unserer Unterkünfte verstopft!