Eco Geckos Mini Autokamp in Triban war genau nach unserem Geschmack.
Eine unspektakuläre kleine Wiese, umgeben von einem Steinmäuerchen. Alte Eichen spenden Schatten. Keine Attraktionen, kein Luxus, kein WLAN, kaum Menschen.
Das Eco Gecko Kamp ist wirklich mini.
Hier herrscht das Prinzip „Klein“, das uns so gut tut. Der kleine Segelfliegerverein, wo uns jeder Freund ist. Das kleine Musikzimmer, in dem wir uns nahe stehen, der kleine Laden auf der kleinen Kreuzung, wo uns alles und jeder vertraut ist. Unser kleines, wunderbares Leben.
Außer uns sind hier noch fünf andere Gemeinschaften. Ein altes Paar aus Freiburg (West) blättert in Reiseführern von Istrien und wird beraten von einem reiseerfahrenen, holländischen Duo. Sie leihen mir bereitwillig einen Campingstuhl. Beim Aufpusten der Luftmatratze (Isomatte) wird mir immer so schwindelig. Eine junge Österreicherin macht Yogaübungen vor ihrem heruntergekommenen T4. Jetzt: der herabschauende Hund, und jetzt. die liegende, seitliche Drehung, und da: die Heuschrecke (fehlt nur noch der doppelte Rittberger, merkt der yoga-unerfahrene Korrekturleser schmunzelnd an).
Zwei hochgewachsene, junge, vegan lebende Schweizer (ein Mann und eine Frau) beklagen sich bei uns über die Schwierigkeiten, sich in Kroatien mit passender Nahrung zu versorgen. Sie sind seit drei Wochen auf einer Fahrradtour unterwegs und kritisieren die Fleischlastigkeit der einheimischen Küche.
In einem großen, belgischen Caravan marodieren zwei putzige kleine Hündchen bellend hinter der Windschutzscheibe. Das war´s. Mehr Leute sind hier nicht. Die kleine Eco-Gecko-Kommune. Wir schlafen wunderbar.
Heute Morgen machen wir einen Spaziergang nach Grožnjan. Gerade einmal fünf Kilometer ist unsere heutige Etappe. Um 10 Uhr sind wir schon da. Während andere aufbrechen zu den Heldentaten ihres Tages, sind wir schon angekommen. Ein ungewohntes und schönes Gefühl. Wir schlagen Zeit tot, unser Quartier steht erst ab Mittag für uns bereit. Nein, wir schlagen nicht die Zeit tot. Wir sitzen auf einer steinernen Bank im verwinkelten Dörfchen und beobachten unsere Umgebung, informieren uns über den Ort, genießen das Nichtstunmüssen. Es gab eine Zeit in den 50ern, da war dieser Ort entvölkert. Leergezogen. Mausetot. Die überwiegend italienischsprachige Bevölkerung hatte sich vor dem „drohenden“ Sozialismus in Sicherheit gebracht. Der Künstler und Bildhauer Aleksandar Rukavina erwirkte 1965, dass die verlassenen und dem Verfall geweihten Gebäude unentgeltlich von rund 30 Künstlern bewohnt werden durften. Als Gegenleistung setzten sie sich für den Erhalt und die Renovierung der Gebäude ein. Ein Großteil der Bevölkerung sind auch heute noch Künstler.
Grožnjan ist Künstlerort und ein absoluter Touristenmagnet. Hauptsächlich touristische Eintagsfliegen. Frauen mit bunten Kleidern, großen Sonnenhüten und -brillen schleichen mit staunendem „Aaahh, wie schön! Und sieh nur da, was für ein hübsches Lädchen und very very nice“ durch die engen Gässchen und bewundern die Auslagen in den Geschäften, die mit kunstgewerblichen, überflüssigen Dingen handeln. Ihre Männer, in Badelatschen und mit Bauchtaschen bewaffnet, folgen ihnen leidenschaftslos. Die ersten glühen vor Begeisterung, die zweiten können ihre Langeweile nur schwer verbergen (Oh, wie kann der Korrekturleser diese Herren verstehen!). Ein kleinrädriger Kinderwagen wird über das buckelige Pflaster an uns vorbeigezerrt. Dem etwas moppeligen Einjährigen schwankt der übergroße Kinderkopf auf dünnem Hälschen gefährlich hin und her. Und er interessiert sich ebenso wenig für die Auslagen in den Geschäften wie sein schiebenden Erzeuger, der sich nach einem kalten Bier sehnt.
Klaviermusik dringt durch ein offenes Fenster. Irgendjemand übt Chopin.
Noch ein paar Stunden, dann sind sie alle weg. Die Eintagsfliegen. Tragen ihre Einkaufstüten, ihre Selfies, ihre Erinnerungen an diesen Tag mit sich fort. Dann wird es ganz still sein. Vielleicht gönne ich mir einen nächtlichen Stadtrundgang durch die noch warmen Gassen und vielleicht spielt dann irgendjemand immer noch bei offenem Fenster Chopin.